Der perfekte Schwiegersohn ist treu, hbsch, attraktiv, charmant, er ist Schwiegermutters Liebling, er ist der Held in der Familie, und im idealsten Fall gef„llt er auch der Frau, die ihn geheiratet hat. Schwiegers”hne sind perfekt, wenn sie sonntags zum Kuchen essen bei der Schwiegermutter vorbeischauen, wenn sie gute V„ter fr ihre eigenen Kinder sind, gutes Geld verdienen, ein gewisses Ansehen, Image und Prestige besitzen, und wenn sie die eigene Frau, welche sie geheiratet haben, auch glcklich machen k”nnen, in jeder Hinsicht. Schlechte Schwiegers”hne sind untreu, richtige Windhunde, verachten ihre Schwiegermutter und machen Witze ber sie.
Der Schwiegersohn ist allgemein gesehen der Ehepartner der Tochter, er kann aber auch der Lebenspartner sein, wenn es sich um eine eingetragene Partnerschaft mit erweiterten Rechten handelt. Zum Schwiegersohn besteht kein biologisches oder rechtliches Verh„ltnis, nur die Tochter sollte glcklich mit ihrem Partner sein. Heute, in Zeiten der gleichgeschlechtlichen Ehe unterscheiden wir nicht immer zwischen Mann und Frau, sondern lassen die Grenzen verschwimmen, Hauptsache, die Tochter ist glcklich, und dieses Glck sollte die Mutter nicht zerst”ren.
Wenn die Tochter ihren Mann heiratet, so besteht eine lebenslange Schw„gerschaft, sodass ein affines Verwandtschaftsverh„ltnis entsteht. Wenn der Schwiegersohn liebevoll in die neue Familie aufgenommen wird, die Eheleute trotzdem ein Privatleben fhren drfen, ohne dass Mutter dazwischen funkt, hat die Ehe durchaus gute Chancen, ber das verflixte siebte Jahr hinauszukommen.
Das Familienverh„ltnis, Pflegeverh„ltnis und Erbverh„ltnis h„ngen stark von kulturellen Einflssen ab. So gibt es Kulturen, die bevorzugen eine Mutterlinie. Hier bleibt die Frau im Haus ihrer Eltern, der Schwiegersohn hat manchmal sogar nur das Besuchsrecht in der sogenannten Besuchsehe, die Kinder, die sogenannten Enkelkinder unterliegen der Tochter, also ihrer Mutter, und so sehen dann auch die Pflegschaften und Erbschaften aus. In vielen Naturv”lkern kmmert sich dann der Schwiegersohn um die Kinder seiner eigenen Schwester.
In Kulturen, welche die Vaterlinie bevorzugen, holt der Schwiegersohn seine Ehefrau ins Elternhaus. Sie kmmert sich um die Familie ihres Ehemannes und unterliegt dessen Regeln. Bitte, da bekommt das Sprichwort, dass man die Tochter verliert, endlich einen tieferen Sinn.
Bei uns verliert man nicht die Tochter, sondern bekommt notfalls einen Sohn dazu. In den westlichen Industriegesellschaften leben die Eheleute alleine, grnden kleine Familien, die ihnen geh”ren, und ums Erbe wird ohnehin immer gestritten, egal, wer wen pflegt. Wenn die Schwiegermutter einen guten Kuchen gebacken hat, sitzen alle gierig davor und hoffen, das gr”sste Stck abzubekommen. Wahrlich, Freiheit hat auch seinen Preis, aber sie macht uns unendlich frei und unabh„ngig.
Wie muss er sein, der perfekte Schwiegersohn? Er darf nicht zu klein sein, sonst kann ihm die Frau nicht in die Augen schauen, sondern nur in den Haaren kraulen. Er muss gross genug sein, um der Schwiegermutter berlegen zu sein. Anzug und Krawatte, ein sicheres Auftreten, zuvorkommend, charmant, humorvoll, ausgestattet mit Blmchen und Pralinen, mit den Songs von Heintje im Schlepptau.
Er muss einen guten Beruf haben, wobei Arzt, Anwalt, Notar und Wirtschaftsprfer gut abschneiden, oder er sollte zumindest Beamter im ”ffentlichen Dienst sein, damit das Geld gesichert ist. Er muss familienfreundlich sein, ein braver Bausparer, er sollte Autoreifen wechseln k”nnen, im Haus und Garten helfen, und er muss treu sein.
Ein Experiment, bei dem die Eltern den Mann fr ihre Tochter aussuchten, zeigte, dass der perfekte Schwiegersohn nicht unbedingt der Liebling der Tochter war, denn sie fand ihn langweilig. Ich w„re allerdings mit so einem Mann zufrieden, denn ich als bekennender Spiesser mag keine Tattoos, keine Windhunde und Abenteurer, dafr liebe ich den sachlich kompakten Mann, der auch Mama gef„llt.
Wenn der Schwiegersohn perfekt gelungen ist, stellt er Mutters Liebling dar. Viele Mtter kommen mit den M„nnern ihrer T”chter richtig gut klar, lieben sie manchmal mehr als ihren eigenen Sohn, stehen intensiver hinter ihm als hinter der eigenen Tochter, und wenn es Streit zwischen den Eheleuten gibt, h„lt die Mutter zum Schwiegersohn.
Es kann brigens auch anders sein. Wenn es nicht der perfekte Schwiegersohn ist, halten die Eheleute eher zusammen, die Mutter intrigiert im schlimmsten Fall, versucht ihrer Tochter den Mann auszureden, in seltenen F„llen sogar auszuspannen, und dann findet man Schwiegersohn und Mutter entweder halbtot, gegenseitig fast erschlagen, streitend und zankend, sich angiftend in der Kche, oder man findet sie im Ehebett der Eltern. Bitte, alles kann passieren, aber nichts muss, wir sind auch nur Menschen.
Es liegt in der Natur des Menschen, dass sich Kinder von ihren Eltern abnabeln. Dieser Abnabelungsprozess geht unter anderem auch damit einher, dass sie alles uncool finden, was den Eltern gef„llt und alles lieben, was die Eltern verabscheuen. So kommt es vor, dass eine Frau ihren Mann unaufh”rlich liebt, wenn ihn ihre eigene Mutter nicht ausstehen kann. Umgekehrt kann es sein, dass Ehen zu Bruch gehen, wenn die Mutter den Schwiegersohn verehrt, mit ihm viel unternimmt und ihn wie einen Heiligen behandelt. Dieses Ph„nomen wird noch verst„rkt, wenn sich Mutter und Tochter nicht gut verstehen und deren Verh„ltnis zerrttelt ist.
Ich stand jedes Mal kurz vorm Heiraten, als meine Mutter den Weg meines potentiellen Ehemannes kreuzte. Meine Mutter und ich, wir sind wie zwei Kriegsschiffe, die explodieren, wenn sich unsere Wege kreuzen. Und so passierte es st„ndig, dass meine Mutter die M„nner so lange aus meinem Leben ekelte, bis sie von selber gegangen sind. Bestimmt habe ich meinen Teil dazu beigetragen, denn unbewusst h„nge ich heute noch an der Nabelschnur meiner Geburtsst„tte. Ich stritt mich mit Mama, sie stritt mit dem jeweiligen aktuellen Mann meines Lebens, und der zankte sich mit mir und wollte Mutter endlich aus unserem gemeinsamen Leben heraushaben.
Lange Zeit lebte ich in Deutschland, was meiner Mutter und mir nicht schadete, da wir uns nur am Telefon streiten konnten und uns selten pers”nlich sahen. Als ich meinen Traummann kennenlernte, dachte ich, den stelle ich sofort meiner Mutter vor, nicht erst in einigen Monaten, denn wenn sie ihn hasst, weiss er Bescheid und kann sofort entscheiden, ob er trotzdem bei mir bleibt. Wenn er meine Mutter ertr„gt, ist er der richtige fr mich.
Ich lieferte ihn bei Mama ab und verbrachte den Nachmittag bei einer Freundin. Meine Freundin meinte, ich w„re mutig, wenn ich meinen Mann mit meiner Mutter alleine lasse, da ich sp„testens am Abend ohne Mann dastehen k”nnte. Ich hatte schon Gewissensbisse, fhlte mich zunehmend unwohl und dachte, mein Traum w„re ausgetr„umt, als mein Partner sich abends versp„tete, aber irgendwann knapp vor Mitternacht kam er doch noch. Wie durch ein Wunder berlebte mein Traummann den Nachmittag und blieb bei mir.
Mein Vater mochte ihn, meine Mutter liebte ihn, ich zog nach ™sterreich, in die N„he meiner Mutter, denn hier lebte auch mein Traummann. Bitte, eine ungeordnete Eigenschaft meines Lebens besteht darin, dass ich jedes Mal versehentlich meinen M„nnern hinterher reise.
Immer wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch war, rief meine Mutter schon von Weitem liebevoll, unser Goldschatz ist da. Damit meinte sie nicht mich, sondern meinen Lebenspartner, denn ich war nur Beiwerk. Immer wenn Mama und ich ins Streitgespr„ch vertieft waren, gl„ttete er die Wogen, und zum Nikolaus schenkte er ihr einen Schokoladennikolaus, w„hrend sie von mir einen Krampus geschenkt bekam. Als ich meine Mutter fragte, warum sie meinen Partner so gerne mag, meinte sie, er w„re doch der Grund, dass ich wieder in ™sterreich, in ihrer unmittelbaren N„he lebe. šber Jahre hinweg hatte sie mich nicht unter Kontrolle, und endlich sind ihre Gebete erh”rt worden.
Bis heute habe ich meinen Traummann nicht geheiratet, und so sind wir seit vielen Jahren verlobt, der Ring steckt am falschen Finger, meine Mutter ist bis auf Weiteres die reinste Herausforderung fr mich, aber mein Partner feiert sogar Weihnachten mit ihr. Bitte, die Sache hat auch gute Aussichten, denn ich habe endlich einen Mann gefunden, der meiner Mutter gef„llt.