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Was ist ein guter Lehrer?

Lehrer sind auch nur MenschenSind Lehrer womöglich auch nur Menschen? Schlechte Lehrer gibt es wie Sand am Meer, und so liegt die Kunst des Unterrichtens darin, ein guter Lehrer zu werden. Ein schlechter Lehrer interessiert sich nicht für seine Schüler, biegt den Unterrichtsstoff herunter und verlässt die Klasse beim Klingelton. Ein guter Lehrer hat Interesse an jungen Leuten, mag seine Schüler, ist gerecht, urteilt nicht nach Sympathie, sondern nach dem aktuellen Wissensstand der Schüler, und er hat keine Lieblingsschüler, ist also wie ein sympathisches Neutron, neutral und sachlich-kompakt gestrickt.

Ich hatte einst im Gymnasium einen Professor, der bemerkte nicht einmal, dass ich die Klasse gewechselt hatte und rief mich noch auf, als ich längst nicht mehr anwesend war. Und ich hatte im selben Gymnasium zwei Professoren, die ich jeweils verehrte und liebte, auch wenn ich sie niemals liebkoste, sondern nur aus der Ferne anhimmelte.

An der Uni hatte ich einen Professor, der bog in den Vorlesungen das gesamte Script gelangweilt, in Gedanken vollkommen abwesend, herunter. Eines Tages war das Fenster hinter seinem Pult weit geöffnet. Der Wind wehte durch die Seiten des Manuskripts, und der Professor las einfach an einer ganz anderen Stelle, auf einer vollkommen anderen Seite weiter, ohne dass es ihm grossartig auffiel. Ich muss diesen Professor verteidigen, denn auch mir fiel es erst auf, als ich von Mitstudierenden darauf aufmerksam gemacht wurde, denn meine Gedanken waren ebenfalls in weiter Ferne, da ich generell dazu neige, meinen ausschweifenden Tagträumen nachzugehen.

Lehrkräfte haben allgemein gesehen die Aufgabe, Wissen zu vermitteln, sie haben quasi einen Kulturauftrag zu erfüllen, worauf sie in ihrer Ausbildung mehr oder weniger vorbereitet werden. Der Mensch neigt naturgemäss dazu, Sympathien aufzubauen, zu unterscheiden, Vorteile zu erkennen und diese auch zu nutzen, und so driften Neutralität und Emotionen oft weit auseinander. Schüler wollen Abenteuer erleben, praktische Lernbeispiele erkunden, forschen und Spass am Unterricht haben. Die gängigen Bildungssysteme bevorzugen jedoch Theorie und Wissenschaft, und so ist es oftmals schwierig, ein beliebter Lehrer zu sein, wenn man gleichzeitig mathematische Formeln in die Köpfe deer Schüler pressen muss. Waldorfschulen wären eine gute Lösung, denn hier darf man Mensch sein.

Dürfen Lehrer schlecht gelaunt sein?

Natürlich dürfen Lehrkräfte schlecht gelaunt sein, denn auch sie haben ein zu respektierendes Privatleben, mögliche Probleme, schlechte Tage, oder sie steigen mit dem falschen Fuss aus dem Bett, wie ein Elefant, der sämtliches Porzellan zertritt. Die Lehrkräfte sollten nur nicht in Versuchung kommen, ihre Launen an den Schülern auszulassen, denn man tritt damit sensible Seelen kaputt, wie der Elefant, der mit dem falschen Fuss aus dem Bett gestiegen ist.

Ein guter Lehrer verzeiht die kleinen Jugendsünden, die seine Schüler an den Tag legen, ein schlechter Lehrer merkt sich alles und schlägt bei Gelegenheit zurück. Eine gute Freundin von mir verliess das Gymnasium, weil sie sich so ungerecht behandelt fühlte, dass ihre Seele daran zerbrach. Manche Lehrer muss man wirklich tapfer ertragen, wenn man sein Abitur anstrebt, und manche Lehrer bleiben im Hinterkopf hängen, als nostalgische Erinnerung, die lange nach dem Abitur noch Schmetterlinge in der Bauchgegend verleiht, auch wenn die Raupen bereits ausgezogen sind.

In der Grundschule erkannte ich einen meiner Lehrer bereits am Gesichtsausdruck, welcher in Mimik und Gestik so ausgeprägt war, dass man wusste, heute ist der Lehrer gut oder schlecht gelaunt. Bei schlechter Laune mussten wir mit unangekündigten Prüfungen rechnen, und bei guter Laune sahen wir uns Filme an, die den Unterrichtsstoff anschaulich zeigten. Die Filme waren mir lieber, denn dann konnte ich mein Schlafdefizit, welches ich im vorpubertären Alltag summierend auslebte, nachholen.

Woran erkennt man einen guten Lehrer?

FüllfederGute Lehrer lassen ihr Privatleben zu Hause, sind flexibel, launenunabhängig, geduldig, und erklären den Lernstoff so, dass ihn der DAU, der sogenannte dümmste anzunehmende User versteht. Bitte, einer ist immer darunter, der nur Bahnhof versteht, denn für manche Schüler sind die Lieblingsgegenstände nicht Deutsch oder Geographie, sondern der Bleistift und der Radiergummi, welche die greifbareren Gegenstände verkörpern.

Für mich als bekennender Geographie-Hasser war der Radiergummi essentiell, denn ich verspeiste so manche Gummis im Unterricht, während ich meinen Geographie Professor mit meinem Schlafzimmerblick verschlang, während ich ihn anhimmelte. Ich war jedoch auch ein unverbesserlicher Deutsch-Liebhaber, liebkoste den Minnesang, verschlang die Literatur samt dem Professor, und so verstand ich in Geographie nur Bahnhof, während ich in Deutsch an den Lippen meines Lehrers hing, dürstend nach seinen Worten.

Ein richtig guter Lehrer begleitet seine Schüler durch dick und dünn, verleiht ihnen ein Minimum an Selbstbewusstsein, welches sie ins Leben mitnehmen, und er gibt ihnen eine gewisse Struktur mit in den Alltag. Für mich ist ein guter Lehrer jener, der seine Schüler beim Namen kennt, sie fordert und fördert, die Schwächen erkennt und kaschiert, die Stärken erkennt und in den Vordergrund rückt, sodass der Schüler sich gemocht fühlt und an Selbstwertgefühl gewinnt.

Wer seine Schüler vor der Klasse blossstellt, herunterputzt, tadelt und niedermacht, hat in der Schule nichts verloren, aber heute kommen ohnehin die Helikopter-Eltern und machen den Lehrer zur Sau. Und wenn das nicht hilft, kommt das Benotungssystem für Lehrer auf seine Kosten, welches ein vernichtendes Urteil für schlechte Lehrer beherbergt. Bitte, Gott sorgt für uns alle.

Ich hätte damals, als ich die Schulbank drückte, meine Lehrer hemmungslos nach Sympathie bewertet, und ich hätte eine Lehrerbewertungs-App dringend nötig gehabt. Meine Favoriten waren klar definiert: Mein Deutschleherer, eine richtig angenehme Sahneschnitte, knusprig und glatt zum Anbeissen, aber ich himmelte ihn nur dezent aus der Ferne an, denn der Minnesang war mein bester Freund und Helfer in der Not. Mein Geographie- und Klassenlehrer, eine wahre Attraktivität, bestens gekleidet, und wenn er einen Anzug trug, schmolz ich dahin wie ein von der Sonne geblendetes Speiseeis. Er hätte mir den Wetterbericht vom Vortag vorlesen können, ich fand alles gut an ihm, egal was er sagte, und deshalb konnte ich mir auch nichts merken und verstand in Geographie nur Bahnhof, weil die Endorphine in meinem verliebten Gehirn Walzer tanzten. Meine Kunstlehrerin, eine richtige Mutter, robust und hilfsbereit. Sie duellierte sich einmal mit meiner Mutter, als ich von Mama gezwungen wurde, Lehramt zu studieren. Meine Italienischlehrerin, die Lehrerin mit dem grosszügigsten Herzen der Welt. Sie trug mir einmal den Lernstoff hinterher und zog mich mit bis zum Abitur, welches ich wie durch ein Wunder schaffte. Und dann hätten wir noch meine Englischlehrerin, die Seele meiner Seele, die einfühlsamste Lehrerin der Welt. Sie half mir einmal aus einer fatalen Lage heraus, und sie erkannte, dass ich neben meinem unausgereiften Spatzenhirn auch eine sensible, beinahe zerquetschte Seele habe.

Bitte, es gab in meinem Dunstkreis auch Lehrer, die waren zäh wie Gummi für mich. Mein Psychologie und Philosophie Professor beispielsweise, mit ihm fetzte ich mich derart heftig, dass ich einmal sogar befürchtete, einen Schulverweis zu bekommen, da ich versehentlich dachte, es reisst ihm sein Geduldsfaden. Ich fasste ihn nicht unbedingt mit Samthandschuhen an, konterte frech wie Rotz und signalisierte ihm meinen Unmut. Er stellte uns Schülern eines Tages die Aufgabe, einen Baum mit Früchten zu zeichnen, und danach konnten wir nach Hause gehen. Ich verstand nur den letzten Teil, nach Hause gehen. Und so zeichnete ich blitzschnell einen infantil angehauchten, kindlich aufgepeppten Baum mit allerlei Frucht drauf, denn bei mir wachsen heute noch die Bananen neben den Äpfeln. Der Lehrer zeigte uns an Hand der Bäume unsere Persönlichkeit auf, und meine Person warr gespickt voll von Ironie, Sarkasmus, Infantilität und Unreife. Mit so einem neurologischen Befund hatte ich nicht gerechnet. Als er uns knapp vor dem Abitur fragte, welche Note wir uns selber gönnen würden, meinte ich, ich hätte eine Eins verdient, denn ich wollte unbedingt meiner überheblichen, psychisch unkontrollierten Art treu bleiben. Als ich ihm jedoch beim Abitur gegenüber sass, fetzten wir uns erstaunlicherweise nicht, und ich bekam meine verdiente Eins.

Der Avatar als Lehrer

Papa Schlumpf als Lehrer-AvatarEiner der besten Lehrer könnte ein Avatar sein, denn er ist wirklich ein sachlich-kompaktes Neutron, wenn man ihn sachlich genug programmiert. Seit wir uns an das Home-Schooling und das spezielle Distance-Learning gewöhnt haben, leiden wir unter Menschenmangel. Und so hat sich der Avatar als Lehrer etabliert, der in einigen Versuchsstudien bereits auf die Schüler losgelassen wurde. So ein Avatar ist genügsam, nicht ganz so empfindlich und sensibel wie ein Lehrer aus Fleisch und Blut, und er sieht gut aus, zumindest kann man Avatare programmieren, welche genau den Geschmack der Schüler und Schülerinnen treffen.

Ob man mit dem PC-gesteuerten Lehrer auch wirklich zwischenmenschlich kommunizieren kann, ohne dass man an eine Maschine, eine designte Figur denkt, ist jedoch zu bezweifeln. Zumindest sind die Avatar-Lehrkräfte aber so flexibel einsatzbereit, dass jeder Schüler von zu Hause aus eine individuelle Betreuung bekommt, denn oft ist ein Lehrer für mehr als 20 Schüler gleichzeitig da, und dies erfordert wahre Präsenz. Besser ist nur noch der humanoide Roboter, ein menschlicher Computer, welcher als Lehrer agiert. Hier hätten wir nur das Problem, dass eines Tages der vermenschlichte Lehrer vollends ersetzt werden würde und man den Lehrerberuf an den Nagel hängen dürfte. Auf welchen Nerven treten dann die Schüler herum?

Wann sollte man kein Lehrer werden?

Der Beruf des Lehrers ist eine Berufung, der Ruf nach Schülern, denen man etwas beibringen darf. Menschen, die introvertiert sind, lieber hinter ihrem Schreibtisch verschwinden, junge Leute nicht mögen oder sie sogar kritisierend bekämpfen, pubertierendes Verhalten als unangenehm ansehen, neue Lernansätze ablehnen, oder Probleme mit sich selbst, ihrem Selbstwertgefühl, ihrem Umfeld haben, sollten den Lehrerberuf lieber nicht anstreben. Wer nicht gut erklären kann, ungeduldig ist, laute Kinder und Jugendliche als nervtötend einstuft, ein schwaches Nervenkostüm besitzt, sollte lieber andere Berufe wählen. Und wer durch Eltern, Verwandtschaft und andere Menschen förmlich dazu gezwungen wird, Lehrer werden zu müssen, der wird sofort scheitern, weil er einen Beruf wählt, der nicht seinem Naturell entspricht.

Ich wurde, nachdem man aus mir keine anständige Schuhverkäuferin machen konnte, jahrelang in ein Schema gepresst, welches davon ausging, dass ich Lehrerin werden sollte, weil mein Bruder gerade dann starb, als er mit seiner Lehrerausbildung fertig war und zu unterrichten begann. Meine Mutter zwang mich quasi, diese Laufbahn einzuschlagen, nachdem ihre Versuche, mich als Schuhverkäuferin unter die Haube zu bringen, gescheitert waren. Ich mied die Schule grösstenteils, hatte tausend andere Interessen und wollte anfangs nicht einmal zur Uni gehen, weil ich keine Lehrerin werden wollte.

Als ich meinen ersten Weg in die Uni antrat, standen meine Eltern frühmorgens, zu einem Zeitpunkt, an dem kein vernünftiger Student aufsteht, vor der Türe. Sie wollten mich an die Universität begleiten, um sicherzustellen, dass ich nicht nur die Lehrerlaufbahn einschlug, sondern auch die richtigen Fächer belegte. Ich werde diesen peinlichen Auftritt niemals vergessen. Meine Mutter stand in ihrem blauen Lodenmantel, mein Vater in seiner Knickebocker samt Hut und selbstgestrickter Jacke im Foyer der Salzburger Universität, und beide meinten sie gleichzeitig: Elisabeth, das ist die falsche Uni, da ist doch gar nicht Englisch und Geschichte. Ein Studentenvertreter sprach mich an und meinte: Studierst du, oder deine Mama? Ich sagte: Wir suchen bloss das Klo.

Ich verliess an diesem Tag das Universitätsgebäude so schnell ich konnte, schrieb mich eine Woche später, wie immer mit Verspätung in meine Kurse ein, begann Spanisch, Publizistik und Rechtswissenschaften zu studieren, und ich besuchte lieber als ausserordentliche Studierende die Lehrveranstaltungen an anderen Universitäten, denn wennimmer ich die Salzburger Uni betrat, hatte ich meine Eltern im Hinterkopf. Als ich nach Deutschland ging, konnten sie mir altersbedingt nicht mehr hinterher jagen, weil mein Vater bemerkte, dass ihm die Autobahn zu schnell war. Es hat Vorteile, wenn man alte Eltern besitzt. Eine Lehrerin ist aus mir Gott sei Dank nicht geworden, obwohl ich Kinder mag und mich für Schüler einsetze, aber ich wäre in jeder Schule als katastrophaler Zustand gehandelt worden, so unter dem Motto: Wann geht sie wieder weg?

 


Elisabeth Putz

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